Messer und Klingen
Das entscheidende Bauteil, um das es bei einem Messer geht, ist dessen Klinge. Deren Schneideigenschaften werden im Wesentlichen durch den verwendeten Stahl und deine Kenntnisse beim Schleifen bestimmt.
Um den Weg von den ersten Steinmessern bis zu den Klingen aus Hochleistungsstählen zu erläutern, möchte ich dir nachfolgend die Geschichte des Messers und speziell des verwendeten Klingenmaterials näherbringen.
Stein – Kupfer – Eisen
Erstes Eisen
Als Metall war Eisen wohl schon ca. um 6. Jahrtausend v. Chr. bekannt. Einzelne Schmuckgegenstände aus dem Orient weisen darauf hin. Weitere Belege zur Nutzung des Eisens stammen etwa aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. in den Ländern des Fruchtbaren Halbmondes wie Mesopotamien, Ur und El Gerzeh in Ägypten. Die Funde lassen jedoch nicht auf eine Verhüttung schließen. Ihre hohen Nickelanteile weisen eher auf die Nutzung von Meteoreisen hin, ähnlich den Funden rund um den Starnberger See. Die Sumerer bezeugen die Nutzung von Eisen erstmals schriftlich.
Rennfeueröfen zur Eisenproduktion sind erstmals im letzten Viertel des 2. Jahrtausends v. Chr. in den Ländern rund um Anatolien belegt. Dieses Verfahren liefert erstmals schmiedbares Eisen, das sich den Kupferlegierungen wie Bronze an Zähigkeit und Härte überlegen zeigt. Ein Eisenfund stammt von 1700 v. Chr. aus Mitteleuropa. So um 1200 v. Chr. taucht erstmals Stahl, also gehärtetes Eisen, auf. Im Verlauf des 9. Jahrhunderts v. Chr. verbreiteten sich die Kenntnisse des Rennfeuerverfahrens in ganz Europa, wo es bis ins 16. Jahrhundert n. Chr. das einzige Verfahren zur Eisengewinnung blieb.
Am einfachsten geht man bei dem Klingenmaterial und dessen Entwicklung chronologisch vor: Schon etliche tausend Jahre gibt es die Notwendigkeit, Nahrung zu zerschneiden. Den hierfür von den Urmenschen verwendeten scharfen Steinen folgte später das Kupfer. Kupfer kann aufgrund seines relativ niedrigen Schmelzpunktes in einfachen Feuern geschmolzen werden, die Härte lässt sich durch Hämmern steigern. Kupfer ist aber immer noch zu weich, um dauerhafte Messer daraus zu fertigen. Deshalb wurden auch während der Kupferzeit und danach immer noch Steinmesser verwendet. Kurze Steinklingen wurden in der Hausarbeit verwendet, lange Kupferklingen im Krieg oder auf der Jagd.
Nachdem erkannt worden war, dass sich durch Zugabe anderer Metalle die Eigenschaften von Kupfer wesentlich verbessern lassen, entstanden die Buntmetalle wie Bronze.
Vom Eisen zum Hochofenstahl im deutschsprachigen Raum
Dem Ausschmelzen von Metallen aus Steinen folgte das Verhütten von Eisen.
Als Beispiel der Anfänge nehmen wir die Germanen aus der vorrömischen Zeit und beginnen im 8. Jahrhundert v. Chr. nach der archäologischen Fundlage mit der Nutzung von Eisen. Oft auch mit der Verarbeitung von Meteoreisen. Danach wird der Beginn der Eisenzeit wie folgt festgelegt:
- die Frühe 800–450 v. Chr. (Hallstattzeit)
- die Jüngere Vorrömische Eisenzeit 450 v. Chr. bis Ende ein Jahrhundert nach Chr. Wird auch als Latanezeit bezeichnet.
- In der römischen Kaiserzeit in Nordeuropa 0–375 n. Chr.
- In Mitteleuropa während der Völkerwanderung die Germanische Eisenzeit 375–650 n. Chr.
- In Schweden endet die Eisenzeit mit der Vendelzeit bis 650–800 n. Chr. und in Dänemark sogar erst mit der Wikingerzeit ca. um 800–1050.
Erste Verhüttung
Zur Verhüttung des Erzes wurde in zylindrisch nach oben konisch zulaufenden Öfen aus Lehm gebaut. Der Schmelzvorgang war aufwändig. Als Brennmaterial dienten Holz und Holzkohle. Löcher im unteren Schachtbereich sorgten für Schornsteineffekt, der den benötigten Sauerstoff „einsog“. Diese Öfen funktionierten ohne weitere mechanische Hilfsmittel.
Später wurden zur regulierenden Luftzufuhr Blasebälge angeschlossen. Damit konnte der Vorgang besser gesteuert und höhere Temperaturen erreicht werden.
Ziel der Verhüttung war die Gewinnung von Eisen durch direkte Reduktion aus dem Eisenoxid des Erzes. Dazu gehörte die Trennung der Schlacke von der kohlenstoffarmen Luppe bei etwa 1.100 °C zur Herstellung von schmiedbarem Eisen oder Stahl. Dazu gehörte für die erfolgreiche Verhüttung eine Arbeitstemperatur von mindestens 1100 bis 1200 °C. Die in der Ofenglut befindlichen Erze mit dem Eisen sinterten zu kleineren oder größeren Eisenklumpen, ohne wirklich zu schmelzen. Im Verhüttungsprozess des Ofens entstand durch unvollständige Verbrennung Kohlenstoffmonoxid. CO entzog dem Erz den Sauerstoff (Reduktion), wobei Eisen entstand und nichtmetallische Bestandteile geschmolzen und als Schlacke aus dem Rennofen abgelassen wurden. Nach diesem Prozess musste der Ofen meist zerstört werden, um an das Roheisen zu kommen. Die Luppe bzw. das Roheisen wurde durch erneutes Erhitzen mit von der Schlacke durch Hämmern von den Schlacken befreit und zu größeren Stücken verarbeitet. Daraus wurden dann unter anderem Messer geschmiedet.
Wetzstähle
Wetzstähle gibt es im Allgemeinen in drei verschiedenen Rauigkeitsstufen: dem Standardzug, dem Feinzug und dem polierten Stahl. Der erste besitzt höheren Kohlenstoffgehalt als die Eisen aus den ehemaligen Holzkohleöfen. Und zwar so viel, dass er nicht mehr geschmiedet werden kann und sehr spröde ist.
Durch Einblasen von Luft in das flüssige Eisen wird der Kohlenstoffgehalt deshalb auf die idealen 0,1 bis 1,7 % gesenkt. Das nun schmiedbare Eisen bekommt die Bezeichnung Stahl.
Wetzstähle in verschiedenen Ausführungen
Stahlhärte
Wie schon ausgeführt, ist Stahl erst durch den Kohlenstoff-Zusatz härtbar.
Sind im Stahl noch weitere Metalle außer Eisen zugeschmolzen, bilden sie zusammen mit dem Kohlenstoff die sogenannten Karbide (der beteiligte Kohlenstoff wird auch Karbon genannt). Diese sorgen dafür, dass eine Klinge lange ihre Schärfe hält. Chrom und andere Metalle wie Kobalt, Titan, Wolfram, Molybdän oder Vanadium bilden mit Kohlenstoff extrem harte Karbide. Legierter Stahl hat also aufgrund seiner vielen Karbide bessere Schneideigenschaften als reiner Eisen-Kohlenstoff-Stahl. Dabei können beide Klingen durchaus die gleiche Härte auf der Rockwell-Skala besitzen.
Stahlsorten
Rostfreier Stahl
Als rostfrei (stainless) gilt ein Stahl mit mehr als 13 % Chromgehalt. Aus metallurgischen Gründen ist er aber nur dann rostfrei, wenn der Kohlenstoffanteil höchstens 0,5 % beträgt. Bei einem höheren Gehalt an Kohlenstoff muss dem Stahl auch mehr Chrom zugesetzt werden.
Dreilagenstahl
Der Dreilagenstahl wird vorwiegend im nordischen Raum hergestellt. Ein Klingenkern aus hartem Stahl wird durch weicheres Material an den Seiten und am Klingenrücken ergänzt. Dies spart erstens teuren Stahl und macht zweitens die Klinge wesentlich flexibler und bruchunempfindlicher.
Damaststahl
In der Stadt Damaskus wurde der Sage nach zuerst Damaststahl hergestellt – daher sein Name.
Klingen aus reinem, hartem Stahl brechen leicht. Eine Klinge soll aber grundsätzlich zwei Anforderungen erfüllen: Sie soll hart sein, um die Schärfe zu halten, und in gewissem Maße auch flexibel, um bei Beanspruchung nicht zu brechen.
Dies wollten die Damastschmiede erreichen, indem sie weiches Eisen (damals billig) und härtbaren Stahl (damals teuer) in abwechselnden Schichten übereinanderlegten, um sie dann im Feuer zu verschweißen. Das verschweißte Paket wird dann immer wieder gestreckt, umgelegt und verschweißt, bis die Lagen dünn und fest miteinander verbunden sind.
Die Klinge erhält dann die beiden Eigenschaften der Ausgangsmaterialien: Sie ist hart und gleichzeitig elastisch.
Damastmesser sind wegen ihrer ansprechenden Klingen beliebt und haben ihren Preis. Aber Vorsicht: Nicht alles, was als Damastklinge angeboten wird, ist auch wirklich Damast.
Pulvermetallurgischer Stahl
Hierbei handelt es sich um einen Stahl, der einen wesentlich größeren Anteil an „guten Zutaten“, also Karbide, aufweist als andere Stähle.
Durch ein spezielles Verfahren gelingt es, den Kohlenstoffanteil des Stahls über die eigentliche Obergrenze von 1,7 % Stahl auf 2,2 % zu erhöhen; dabei werden aber zusammen mit den anderen Legierungsbestandteilen Karbide gebildet. Besonders wichtig ist der hohe Anteil an Vanadium, das extrem harte Karbide bildet.
Damastklingen bieten Härte und Elastizität in einem und bestechen durch die kunstvolle Zeichnung.
Durch geschickt angebrachte Kerben und andere Manipulationen wie Falten oder Verdrehen kann das Muster fertiger Damastklingen beeinflusst werden. So entstehen die zum Teil sehr kunstvollen, von Damastmessern bekannten Zeichnungen der Klingen. Das Klingenmuster kommt aber erst dann richtig zum Tragen, wenn die Klinge mit Säure behandelt wird.
Der Messergriff
Das Materialspektrum für Messergriffe ist groß.
Ein wichtiger Teil eines Messers ist der Griff, der normalerweise aus einem separaten Griffmaterial besteht. Messer, die nur aus einem Stück Stahl bestehen, sind relativ selten.
Als Griffmaterialien werden jedoch viele Werkstoffe genutzt, die sich von den Materialeigenschaften her eigentlich weniger dafür eignen. Gute Griffmaterialien sollten sich gut anfassen, leicht sauber zu halten und natürlich auch dauerhaft sein.
Holz
Unter den Hölzern kommen die Arten in Frage, die sehr dicht gewachsen sind; ein hoher Gehalt an natürlichen Ölen sorgt dafür, dass das Holz später am Messer nicht schrumpft. Am besten erfüllen tropische Hölzer diese Anforderungen.
Micarta
Möchte man ein Griffmaterial haben, das nicht wie Holz arbeitet, kann man zu Micarta greifen. Dabei handelt es sich um organische Substanzen – Holz, Papier, Segeltuch –, die mit Kunstharzen getränkt und gepresst sind. Dadurch verlieren sie zwar etwas von der holztypischen Griffigkeit und Wärme, schwinden aber nicht mehr. Ein einmal ausgearbeiteter Griff behält seine Form und bleibt spannungsfrei. Nachteilig bei der Verarbeitung ist, dass der Schleifstaub giftig ist, man sollte ihn daher nicht einatmen.
Hirschhorn
Ein anderes Material, das wenig arbeitet, ist Hirschhorn. Industriell verwendetes Hirschhorn ist meist indisches Sambar-Hirschhorn, da es wenig Mark enthält. Auch ist es billiger, weil das arbeitsintensive Zuschneiden der Griffschalen an Ort und Stelle – also in Indien – günstiger zu haben ist.
Hirschhorn kann nur von Hand montiert werden, weil die Oberfläche ungleichmäßig ist und die Nieten daher unterschiedliche Längen haben.
Büffelhorn
Auch aus Büffelhorn kann man Griffe fertigen. Dabei werden die Hornspitzen gekocht – nur sie sind massiv, die unteren drei Viertel sind hohl – und in Form gepresst. Nach dem Erkalten werden die Griffe herausgesägt. Büffelhorn ist umso wertvoller, je dunkler es ist und je weniger helle Einschlüsse es aufweist.
Da das Material Horn nicht austrocknen darf, sind die Griffe am schönsten, die regelmäßig in Gebrauch sind. In zentralbeheizten Räumen mit der dort typisch geringen Luftfeuchtigkeit splittern die einzelnen Hornfasern ab, und der Messergriff wird unansehnlich.
Elfenbein
Zu den edelsten Materialien mit den besten Griffeigenschaften zählt Elfenbein. Es fasst sich außerordentlich gut an und wird daher auch für Klaviertasten benutzt. Ein Messer mit Elfenbeingriff sollte ständig benutzt werden, das bekommt dem Material am besten. In trockener Luft reißt das Elfenbein, und der Griff ist zerstört.
In der heutigen Zeit umfassender Elfenbein-Exportverbote ist dieses Material nur noch unter großen Schwierigkeiten legal zu beschaffen und zu besitzen. Beim Grenzübertritt mit einem Messer mit Elfenbeingriff benötigt man nicht nur eine CITES-Bescheinigung (gemäß Washingtoner Artenschutzübereinkommen), sondern auch noch eine Ausfuhr- und eine Einfuhrgenehmigung.
Da echtes Elefanten-Elfenbein zwar wieder ausreichend vorhanden, aber wegen der gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr verfügbar ist, hat sich in den letzten Jahren Mammut-Elfenbein einen festen Platz auf dem Markt erobert. Das Mammut ist bereits einige tausend Jahre ausgestorben, seitdem liegen die Zähne in der Erde. Der Handel mit diesem Elfenbein hat in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erlebt. Das Mammut-Elfenbein wird in nordischen Ländern, besonders in Sibirien, im Permafrostboden gefunden. Die Öffnung der ehemaligen russischen Staaten nach Westen hat auch das Mammut-Elfenbein leichter erhältlich gemacht.
Knochen, Bernstein, Edelsteine
Seit Jahrtausenden ist Knochen ein beliebter Werkstoff für Messergriffe. Er ist dauerhaft, fasst sich dank seiner offenen Struktur gut an und arbeitet so gut wie nicht. Inzwischen gibt es verschiedene gefärbte Knochen für Griffe, nachdem in den vergangenen Jahrzehnten die Knochengriffschalen durch Kunststoff imitiert wurden.
Als seltene und wertvolle Griffmaterialien werden Bernstein, Perlmutt, Halbedelsteine und Edelsteine verwendet. An Gebrauchsmessern findet man sie jedoch so gut wie nie. Sie fassen sich kalt und unnatürlich an und sind auch nicht besonders schlagfest.
Unter den neuen Werkstoffen hat Kunststoff einen festen Platz eingenommen. Ebenso ist Kraton bei soliden Gebrauchsmessern nicht mehr wegzudenken. Die Griffe bekommen nicht nur durch die eingegossene Fischhaut ein griffiges Äußeres. Das Material ist immer leicht „klebrig“ und rutscht auch in der nassen Hand nicht. Zusätzlich dämpft es Schwingungen bei größeren Messern, wenn damit gehackt wird. Leider ist es nicht sehr hitzebeständig.
Kunststoff- oder Kratongriffe sind an Schlachtermessern und mittlerweile auch an Jagdmessern üblich und aus hygienischen Gründen sinnvoll.
Fazit
Der Griff eines Messers ist ein zentrales Element, das Komfort, Funktionalität und Ästhetik beeinflusst. Durch die Verwendung verschiedener Materialien für Griffe können Messer nicht nur ergonomisch gestaltet, sondern auch individuell und hochwertig gemacht werden. Die richtige Auswahl des Griffmaterials spielt eine wichtige Rolle für die Qualität und den Gesamteindruck eines Messers. Es gilt, sowohl praktische Aspekte wie Haltbarkeit und Hygiene als auch ästhetische Aspekte wie Optik und Haptik zu berücksichtigen, um die bestmögliche Messerlösung zu finden.